Ein Welpe kommt in die Familie

Der Alltag muss neu sortiert werden

Carina Rosenmüller (CR) und ich kennen uns schon lange virtuell aus dem Hovawartportal. Ihr Rüde Baro, der im April diesen Jahres wegen Magenkrebs erlöst werden musste, hat mir immer sehr gut gefallen. Mitte Mai zog Compagnon vom Vilsfeld alias Frodo bei ihrer Familie ein. Der Alltag mit Welpe und zwei Kindern von acht und knapp sechs Jahren fordert von Carina einiges an Management. Für DER HOVAWART (DH) sprach sie mit mir.


INTERVIEW Dr. Anja Meiser

DH: Carina, das Zusammensein von Welpe und Kindern fordert einiges an Regulierung durch dich. Was war anfangs problematisch, was hattest du besonders im Blick?

CR: Die ersten 6 Wochen waren schon eine Herausforderung (lacht). Anfangs ist der Welpe sehr impulsiv. Er hat Ideen, die er sofort umsetzt, und ein Kind ist ja meist genauso. Baro war drei Jahre alt, als unser Sohn geboren wurde. Die Grunderziehung mit diversen Regeln kannte er zu diesem Zeitpunkt. Mit dem kleinen Frodo zog nun ein Welpe ein, der die Grundregeln eben noch nicht kannte, der unsere Sprache noch nicht deuten konnte.

Genau das ist anfangs ein Punkt, der viel Beobachtung und Zeit erfordert, denn die Kommunikation Mensch – Hund muss ja erst entstehen.

DH: Was gab es denn an Herausforderungen?

CR: Erst einmal reagierte Frodo auf jeden Bewegungsreiz: Er flitzte den rennenden Kindern hinterher, er sprang nach den fliegenden Haaren meiner Tochter, nach dem Hüpfball oder dem Spielzeug in ihrer Hand. Ihre helle Stimme animierte ihn zusätzlich.

Dann die Begrüßung, die ist anfangs meist etwas stürmisch gewesen. Da wurde gesprungen und auch schon mal gezwickt. Es folgte ein Schrei: „AUA-NEIN“, das war für den Welpen ein Grund noch mehr „aufzudrehen“.

Auch Zerrspiele gingen schief. Der Welpe fasst ja noch nicht gezielt nach. Da erwischt er schon mal die Hand, einen Finger, oder er springt beim wilden Spielen hoch und zwickt ins Gesicht.

Hinzu kommt, dass in den Medien (Serien, Büchern, etc.) ein völlig falsches Bild von Welpen vermittelt wird. Gerade ist „Barbie“ bei unseren kleinen Mädchen aktuell: Barbie hat einen Welpen, der mit ihr zusammen in der Badewanne badet und wie ein Baby im Buggy gefahren wird. Natürlich war auch bei Lisa die Wunschvorstellung von einem Welpen im Haus eine etwas andere als die Realität.

DH: Das Zwicken geht natürlich gar nicht. Wie hast du das gelöst?

CR: Zerrspiele sind nicht mehr erlaubt. Das ist einfach zu gefährlich. Und es gibt ja auch andere Gelegenheiten, bei denen ich die Kinder mit einbinden kann. Lisa und Hannes dürfen helfen, die Mahlzeiten für Frodo herzurichten. Wir bürsten ihn gemeinsam, und wenn ein Kommando wie z.B. „Platz“ gut von mir eingeübt wurde, dürfen sie es gerne abfragen und ihm auch ein Leckerli geben. Das alles begleite ich natürlich.

Bei der morgendlichen Begrüßung mussten wir sehr auf Ruhe achten. Statt als erstes zum aufgeregten Welpen zu laufen, habe ich erst mal die Terrassentür geöffnet, dann in Ruhe „Hallo“ gesagt und sein Ruhigbleiben mit einem Leckerli belohnt. Die Kinder haben das übernommen. Es wurde morgens nicht mehr ins Wohnzimmer gestürzt, und erst einmal sollten auch sie Frodo ignorieren.
Lisa bückte sich einmal, um ihm ein Leckerchen zu geben, und Frodo zwickte sie vor lauter Übermut ins Gesicht. Danach stand ich mit der Rütteldose bereit. Einmal hab ich sie ihm vor die Füße werfen müssen, das funktionierte! Nachhaltig! Ich hab auch eine Wasserpistole bereit liegen gehabt. Die Sicherheit der Kinder geht vor.

Mit jetzt knapp 17 Wochen akzeptiert Frodo Grenzen und versteht nicht nur Bahnhof, wenn wir mit ihm sprechen (lacht). Zwicken oder Anspringen sind kein Thema mehr. Er hat inzwischen genügend Impulskontrolle, um bei Kindergeschrei, Hüpfball und Frisbee spielen gechillt neben mir liegen zu können. Und die erste Euphorie der Kinder über den wuscheligen Welpen ist abgeklungen. Das macht es auch um vieles leichter.

DH: Mit Hannes, dem älteren Kind, gab es da auch Herausforderungen?

CR: Hannes ist nicht so hundeverrückt wie Lisa, eher ein vorsichtiger, ruhiger Mensch. Aber ja, er wurde auch bei der Begrüßung vor Übermut gezwickt. Da hat es sehr geholfen, Frodo ein Spielzeug ins Maul zu legen. Gar nicht spielen und weiter animieren, einfach nur ins Maul legen. Wir haben überall im Haus Spielzeuge bereitgelegt. Die sind immer griffbereit.

Schalen mit Leckerli stehen auch überall. Wenn Frodo etwas toll macht, dann wird er mit Futter bestätigt. Manchmal lenken wir ihn auch damit ab, etwa wenn Besuch kommt und er im Gang steht. Dann wird er schon mal in die Küche geführt, etwas Futter gestreut, fertig. Oder für eine kleine Übungseinheit im Haus oder ein Suchspiel .Er ist super mit Futter zu motivieren – da geht das sehr gut.

Wichtig ist mir, dass der Kontakt zu Kindern immer positiv belegt ist und bleibt: Für Frodo sind Kinder nett, die geben Futter, die streicheln… Begrenzen und im schlimmeren Fall Maßregeln, das ist mein Job.

Spiel mit Frodo am Schnüffelteppich

DH: Eine Freundin gab mir den schönen Satz mit: Der letzte Meter gehört dem Hund.“ Wie haltet ihr das?

CR: Genauso! Es gibt klare Regeln für die Kinder! Der Hund wird zum Beispiel nicht umarmt oder geärgert. Und wenn der Hund nicht kommt, dann wird er in Ruhe gelassen, beim Fressen und an seinem Ruheplatz sowieso, der gehört ihm. Gegenseitiger Respekt wird bei uns sehr groß geschrieben, auch gegenüber Tieren.

Beim Futter, da bin ich vorsorglich am Üben, damit erst gar kein Konflikt entsteht. Der Hund hat einen ruhigen Platz zum Fressen, und wenn ich an den Napf gehe, dann gibt es zur Belohnung was extra Gutes dazu. Es lohnt sich also immer für Frodo, das zu dulden. Wir füttern viel aus der Hand, und auch das Futtertauschen klappt gut. Das nutze ich derzeit vorsorglich, bevor er sich am letzten Happen trockenen Rinderohrs verschluckt. Das Tauschen ist auch für andere Situationen sinnvoll – man weiß ja nie, was draußen so alles rumliegt.

DH: Das klingt ja so einfach. Musste sich noch etwas einspielen?

CR: Der Tag-Nacht-Rhythmus existierte anfangs nicht. Wir hatten einen Laufstall im Erdgeschoss aufgestellt, in dem er zur Ruhe kommen konnte, und auch für nachts. Ich hab im gleichen Zimmer geschlafen. Da machte er die Nacht zum Tag, flippte rum und war putzmunter. Sabine, die Züchterin, riet mir nach einiger Zeit, ihn nachts alleine zu lassen, und siehe da, ohne „Publikum“ fand er zur Ruhe. Ich hatte oben die Zimmertüre auf, aber das wusste Frodo ja nicht. Inzwischen brauchen wir den Laufstall nicht mehr, und die Nacht ist auch für Frodo zum Schlafen da.

DH: Das klingt alles, als wäre innerhalb von sechs, acht Wochen ganz viel passiert.

CR: Ja, es ist zwischenzeitlich tatsächlich viel passiert!

Die ersten Tage war Frodo sehr ruhig im neuen Zuhause. Dann ging es plötzlich rund. Der Welpenwahnsinn, mit allem was dazugehört, ließ nicht lange auf sich warten (lacht). Aber jetzt haben wir uns zusammengerauft. Die Kinder kennen die Regeln, der Welpe Frodo ist Junghund geworden und kennt sie auch: Kein Zwicken, kein Anspringen, kein Maßregeln der Kinder. Das Regeln übernehme ich, und ich lasse sie alle drei nicht ohne Aufsicht. Inzwischen klappt es so gut. Und wir profitieren von der sehr guten und liebevollen Aufzucht von Frodo bei Sabine und Harry.

Es macht mir richtig Spaß, Neues mit Frodo zu entdecken. Ich klickere gerne mit ihm und habe zum ersten Mal das „Shapen“ mit seinem Ruheplatz ausprobiert.

Es wäre schön, wenn ein guter Hundeplatz in der Nähe wäre, ein Platz, an dem Hund und Mensch als Team sich spielerisch weiterentwickeln dürfen, ohne rabiate Methoden wie aus dem Mittelalter. Frodo liebt Beutespiele und ist auch mit Futter super gut zu motivieren. Bislang üben wir alleine. Aber mal sehen, vielleicht ergibt sich ja irgendwann mal was.

DH: Vielen Dank, Carina, dass du uns über diese spannende Zeit berichtet hast.


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