Die Sprechstunde: Magendrehung

Akuter Notfall! Es kommt auf jede Minute an!

Nach Vergiftungen ist die Magendrehung der am meisten gefürchtete Notfall beim Hund. Nur wenige Stunden können zwischen Leben und Tod Ihres Hundes entscheiden. Denn wenn sich der Magen, der wie ein Beutel relativ locker zwischen Speiseröhre und Zwölffingerdarm im Oberbauch hängt, um seine eigene Achse dreht, werden Blutgefäße sowie Mageneingang und Magenausgang abgeschnürt. Verdauungsgase können nicht mehr entweichen, und der Magen bläht sich auf wie ein Ballon. Blut aus dem Hinterleib gelangt nicht mehr zurück zum Herzen, und es kommt zum Kreislaufschock. Nicht nur der Magen, auch andere lebenswichtige Organe wie Milz und Bauchspeicheldrüse können langsam absterben. Ohne sofortige OP wird der Hund nicht überleben.


TEXT Kirsten Breidenbach GRAFIK und FOTOS RZV-Archiv

SYMPTOME
Da die Drehung nicht in einem Akt passiert, sondern sich durch die zunehmende Aufgasung des Magens verstärkt, beginnen die Symptome zunächst unspezifisch. Der Hund wird unruhig, beginnt hin und her zu laufen. Der Kopf hängt tief, der Rücken ist gekrümmt. Ständig wechselt das Tier zwischen Gehen, Liegen und Stehen die Position. Der Hund versucht zu erbrechen.
Doch weil die Speiseröhre am Mageneingang zugeschnürt und nicht mehr durchgängig ist, würgt er nur weißen Schaum hervor. Sollte er jetzt etwas trinken, wird er die Flüssigkeit bald wieder von sich geben. Im weiteren Verlauf wird der Bauch zunehmend rundlicher (Achtung: bei langhaarigen Hunden ist mitunter auch ein hochgradig geblähter Magen anfangs von außen kaum erkennbar und gespannter). Klopft man vorsichtig mit den Fingerspitzen auf die Bauchdecke, dann hat man das Gefühl, man schlage auf eine Trommel. Schließlich verschlechtert sich der Allgemeinzustand des Tieres immer mehr, Unruhe, Hecheln und Würgen gehen über in Apathie und Schwäche. Der Hund liegt nur noch auf der Seite, kann nicht mehr laufen. Der Puls ist flach und schnell, die Schleimhäute werden zunehmend blasser. Irgendwann kann sich der Hund nicht mehr aufrichten, verbleibt in Seitenlage und verstirbt schließlich durch den Kreislaufschock.

WAS PASSIERT BEI DER MAGENDREHUNG?
Durch unterschiedliche Gründe dreht sich der Magen um die eigene Achse, dabei kann es bis zu einer vollständigen Drehung von 360 Grad kommen. Gleichzeitig wird der Schlund und der Dünndarm mit verdreht, so dass kein Nahrungsbrei und kein Gas aus dem Magen entweichen kann.
In der Folge kommt es durch Gärungsprozesse zur weiteren Gasbildung, der Magen vergrößert sich zusehends. Der Magen kann dabei leicht die Größe eines Fußballes annehmen. In der Folge kommt es zu einer Störung in der Blutversorgung der Magenwand. Sauerstoff kommt kaum noch in den Magenzellen an und gefährliche Abfallprodukte des Zellstoffwechsels können nicht mehr abtransportiert werden. Die Magenzellen sterben ab. Bei der Magendrehung kommt es zum Schock durch Versacken des Blutes, durch Druck des geblähten Magens auf das Herz und durch die giftigen Stoffwechselabbauprodukte aus der Magenwand. Diese können auch die Herzmuskelzellen angreifen und ein lebensbedrohliches Herzkammerflimmern hervorrufen.

EIN WETTLAUF MIT DER ZEIT
Selbst wenn Sie nur vermuten, dass Ihr Hund eine Magendrehung hat, sollten Sie ihn umgehend in die Klinik bringen – egal, ob Wochenende oder Mitternacht. Denn falls sich der Verdacht im Röntgenbild bestätigt, sinken die Überlebenschancen des Tieres mit jeder Stunde. Weil Magendrehungen am häufigsten abends bemerkt werden, also auf keinen Fall bis zum nächsten Morgen warten.

NOTOPERATION
Es gilt den Magendruck so schnell wie möglich zu reduzieren, um ein weiteres Absterben der Magenwand zu verhindern. Der Schock muss intensiv behandelt werden und der Magen muss so schnell wie möglich in seine Ursprungslage gedreht werden. Komplikationen am Herzen müssen beobachtet und gegebenenfalls behandelt werden.
Was ist im Einzelnen zu tun? Sofort nach Einlieferung des Hundes in die Tierarztpraxis wird Gas aus dem Magen abgelassen. Meistens wird durch einen Stich mit einer Kanüle der Magen abgegast. Parallel dazu wird eine Verweilkanüle gelegt, um über eine Infusion den Kreislauf zu stabilisieren und den Schock zu behandeln. Ist der Patient soweit stabil, wird sofort mit der Operation begonnen. Ein erfahrenes Operationsteam ist bei der Magendrehung besonders wichtig, da Hunde mit einer Magendrehung narkoselabil sind.
Eine gute Überwachung und Steuerung der Narkose ist deshalb essenziell. Die Operation wird mit einem Schnitt in der Bauchmitte begonnen. Wenn der Bauchraum geöffnet wurde, ist der dunkel gefärbte, stark geblähte Magen nicht zu übersehen, das gärende Futter wird entfernt, einzelne bereits abgestorbene Abschnitte der Magenwand werden einstülpend vernäht. Nach Verschluss der Magenwand kann nun der Magen meistens ohne Mühe in seine natürliche Position zurückgedreht werden. Eine besondere
Komplikation bei der Magendrehung kann in einer zusätzlichen Milzdrehung bestehen, die mitunter einer Entfernung der Milz notwendig macht. Sind die Milzgefäße nicht vollständig durch Blutpfröpfe verschlossen, kann sie sich nach der Zurückverlagerung des Magens erholen und im Bauchraum verbleiben.
Schließlich sollte der zurück verlagerte Magen vor einer wiederholten Drehung geschützt werden. Durch eine Naht wird er an der inneren Bauchwand befestigt.

WAS KOMMT NACH DER OPERATION?
Ein gut eingespieltes Operationsteam ist meistens in der Lage, eine Magendrehung innerhalb von ein bis zwei Stunden zu operieren. Danach ist die Arbeit allerdings noch nicht erledigt. Giftstoffe, die bei der Verdrehung des Magens und dem Absterben von Magenwandzellen freigesetzt werden, können insbesondere den Herzmuskel schädigen und noch nach einigen Tagen zu Komplikationen führen.

Sind die ersten Tage schadlos vergangen, dann ist der Hund genesen und kann wieder normal eingesetzt werden. Spätfolge kann beispielsweise eine erneute Magendrehung sein. Durch die Fixierung des Magens wird die Gefahr zwar weitgehend reduziert, doch es gibt ja bekanntermaßen in der Natur nichts, was es nicht doch gibt.

Glück gehabt! Schon eine Stunde nach Erkennen der Symptome war Brookey im OP.

WER BEKOMMT EINE MAGENDREHUNG?
Vor allem mittelgroße und große Hunde neigen zur Magendrehung. Warum es gerade die großen Hunderassen betrifft, ist nicht ganz geklärt. Man weiß, dass ein tiefer Brustkorb die Wahrscheinlichkeit weiter erhöht. Vermutlich ist bei diesen Hunden die Magenaufhängung ungünstiger als bei den kleinen Hunderassen. Die Ursache für die Drehung des Magens ist bislang nicht geklärt. Häufiger wird berichtet, dass der Patient zuvor viel gefressen und dann gespielt hat. Aber auch bei nüchternen Hunden und solchen, die sich nach dem Fressen völlig ruhig verhalten haben, kann es zu einer Magendrehung kommen.

Ältere Hunde (ab fünf Jahren) sind eher gefährdet als junge, hastiges Fressen, Leben im Rudel, Stress, Ängstlichkeit können ebenfalls das Risiko erhöhen. Der Einfluss des Futters und der Fütterungstechnik auf die Entstehung der Magendrehung wird immer wieder diskutiert. Bekannt ist, dass große Mengen Futter den Magen überladen können und damit die Entstehung der Drehung begünstigen.

Auch gärendes Futter ist gefährlich, da dieses große Mengen Gas produziert, die den Magen dehnen und damit auch dessen Drehung verursachen können. Also lieber zwei Futterportionen anbieten als eine übergroße. Vermutungen über weitere Einflüsse des Futters auf die Entstehung der Magendrehung sind rein spekulativ. Es wird immer wieder erwähnt, dass wälzen des Hundes mit Futter im Magen die Magendrehung begünstigt. Bewiesen ist dies aber nicht.

Trotzdem kann man annehmen, dass ein leicht gefüllter Magen beim Wälzen um die eigene Achse kippen kann. Aber wie bereits gesagt, es ist reine Theorie! Trotzdem sollte der Hund nach der Fütterung etwas Ruhe für die Verdauung bekommen und eine Aktivität erst etwa eine Stunde nach der Futteraufnahme begonnen werden.


Beitrag eingestellt durch presse.olnds

Süße Hovawart Hunde