Die Sprechstunde: „Männersachen“ Teil 1

Erkrankungen, die überwiegend Rüden betreffen

Als Zuchtverein achten wir sehr auf die Gesundheit unserer Hunde. Die Fruchtbarkeit gehört natürlich unbedingt dazu. In dieser Folge unserer losen Reihe „Die Sprechstunde“ geht es um die eine Hälfte der Zuchtpaare, nämlich um die Rüden.


TEXT Dr. Claudia Veit GRAFIKEN RZV-Archiv

ANATOMIE
Bei unserer Rasse unterscheiden sich Rüden und Hündinnen äußerlich sehr deutlich; man nennt das „Geschlechtsdimorphismus“. Männliche Hovawarte sind typischerweise erheblich größer, massiger und imposanter als Hündinnen, haben einen dickeren Kopf (oft buchstäblich!) und eine breitere Brust. Hündinnen sind normalerweise kleiner, feingliedriger und leichter. Sie haben einem schmaleren Kopf und eine femininere Figur.
Ausführliche Informationen über die Ge-schlechtsorgane kann man in Anatomiebüchern oder Büchern über Hundezucht nachlesen. Hier gehe ich deshalb nur auf ein paar Details ein.

Rüden haben wie Kater, Frettchenrüden und viele andere Tierarten einen Penisknochen. Das ermöglicht beim Deckakt das Einführen des Gliedes vor der vollständigen Erektion. Mit zwei Konsequenzen:
1. Die vollständig erigierten Penis-Schwell-körper verhindern für eine ganze Weile ein Lösen des Liebespaares voneinander. In Hundekreisen nennt man das „Hän-gen“. Diese meist zwischen 10 und 30 Minuten dauernde, innige Verbindung beider Deckpartner erhöht möglicher-weise den Befruchtungserfolg des Rüden. Seine Spermien wandern schon weit in Richtung Eizellen, bevor ein anderer Rüde dieselbe Hündin begatten kann. Werden „hängende“ Hundepaare gewaltsam von-einander getrennt, führt das zu verheeren-den Verletzung im Genitalbereich beider Geschlechter. Irreversible Folgeschäden bis hin zum Tod der Hunde sind möglich. Also auch bei Fehlbelegungen unbedingt abwarten, bis „es“ vorbei ist!

2. Der Penisknochen erhöht das Risiko für Komplikationen durch Harnsteine. Die Harnröhre des Rüden kann sich wegen dieses länglichen Knochens nicht so weit dehnen wie die einer Hündin. Die Damen haben wegen ihrer noch dazu viel kürzeren Harnröhre zwar ein höheres Risiko für Blasenentzündungen, aber meistens deutlich weniger Schwierigkeiten mit Konkrementen (Harnsteinen).
Der Penis mit seiner sehr langen Eichel liegt gut geschützt in der Vorhaut (Präputium). Diese außen behaarte und innen mit feuchter Schleimhaut ausgekleidete, im Vergleich zu den Verhältnissen beim Menschen extrem lange anatomische Struktur reicht von der Nabelgegend bis fast zu den Hoden. Hier hinten liegt der für das Hängen wichtige rundliche, sogenannte Eichelknoten. Unbedarfte Hundeneulinge verwechseln den beim Welpen gern mal mit den Hoden (die weiter hinten liegen) und beim älteren Rüden mit einem Krebsgeschwür.

Die paarigen Hoden produzieren vor allem männliche Geschlechtshormone und Samenfäden (Spermien). Im Laufe der Embryonalentwicklung werden sie in der Nähe der Nieren gebildet. Von da aus wandern sie längs durch die Bauchhöhle nach hinten-unten und steigen durch den rechten bzw. linken Leistenspalt in den gemeinsamen Hodensack ab. Außerhalb der Körperhöhle liegen sie mehrere Grad Celsius kühler als die inneren Organe. Spätestens im Alter von acht Wochen soll dieser sogenannte Hodenabstieg abgeschlossen sein. (Deshalb wird im RZV auf dem Wurfabnahmeprotokoll vermerkt, ob beide Hoden fühlbar sind oder eben nicht.) In Ausnahmefällen können die Hoden noch bis zum Alter von sieben bis maximal acht Monaten absteigen; danach schließt sich der Leistenspalt. Was bis dahin draußen ist bleibt auch draußen, und was drinnen ist, bleibt drinnen.

(Ganz anders ist das z.B. bei Kaninchenböcken, die zeitlebens einen sehr weiten Leistenspalt haben und die Hoden aktiv in die Bauchhöhle einziehen können.) Steigen ein oder beide Hoden nicht ab, nennt man das einseitigen bzw. beidseitigen Kryptorchismus (Hodenhochstand). Die in der Leiste oder in der Bauchhöhle verbliebenen (kryptorchiden) Hoden vertragen die ständig zu hohe Umgebungstemperatur nicht. Dadurch wird ihre Fruchtbarkeit verringert, vor allem aber steigt das Risiko für Hodenkrebs deutlich.
Ein ausbleibender Hodenabstieg ist erblich. Im RZV darf konsequenterweise mit Rüden, deren Hoden nicht abgestiegen sind, nicht gezüchtet werden.
Wegen des hohen Krebsrisikos sollte jeder nicht abgestiegene Hoden chirurgisch entfernt werden. Mit zunehmendem Alter steigt das Krebsrisiko sowieso, erst recht beim Kryptorchiden. Auch einseitig betroffene Rüden werden üblicherweise kastriert, schließlich sollen sie ihre Erbkrankheit nicht verbreiten. Ein einzelner Hoden reicht bekanntermaßen aus, um fruchtbar zu sein! Wegen möglicher Nachteile einer Kastration kann der abgestiegene Hoden belassen werden, dann sollte der Besitzer Paarungen zuverlässig verhindern. Im Zusammenhang mit der OP zur Entfernung des nicht abgestiegenen Hodens ist aber auch eine Sterilisation durch Unterbindung des Samenleiters des abgestiegenen Hodens möglich. So bleibt dieser Hoden samt der von ihm produzierten Hormone erhalten, aber die Fortpflanzung wird – buchstäblich – unterbunden.
In den Nebenhoden reifen die Spermien und werden dann bis zur Ejakulation (Samenerguss) gelagert. Auch wenn die Bildung von Samenfäden und deren Reifung geraume Zeit in Anspruch nimmt (beim Menschenmann dauert die Produktion rund zweieinhalb Monate und die Reifung im Nebenhoden noch einmal etwa zehn Wochen), können Rüden problemlos mehrere Tagen hintereinander erfolgreich decken.
Im Nebenhoden können epigenetische Einflüsse auf die Samenfäden einwirken. U.a. gibt es Hinweise darauf, daß die von älteren Rüden produzierten Spermien Nachkommen mit höherer Lebenserwartung zeugen.

Beim Hund gehört die Vorsteherdrüse oder Prostata zusammen mit der Samenleiterampulle zu den sogenannten akzessorischen Geschlechtsdrüsen. Deren Exkrete bilden zusammen mit den Spermien das Ejakulat. Die akzessorischen Flüssigkeiten aktivieren und ernähren die Samenfäden. Außerdem spielen sie eine Rolle für den Transport zu den weiblichen Eiern.
Die Prostata liegt normalerweise innerhalb der knöchernen Beckenhöhle auf dem Beckenboden. Sie liegt der Harnröhre rundum eng an.
Übrigens: auch beim Hund liegt das größte Geschlechtsorgan nicht zwischen den Beinen, sondern zwischen den Ohren. Das Gehirn beeinflusst nicht nur über Hormone und Botenstoffe, sondern auch über Prägungen, Erfahrungen und Lernverhalten die Persönlichkeit und das Verhalten eines Hundes, einschließlich des Sexualverhaltens. Die früher bei Rüden als Allheilmittel gegen „Schwererziehbarkeit“ und Aggressivität empfohlene Kastration hilft – wenn überhaupt – ausschließlich bei testosteronabhängigen Verhaltensweisen. Und das längst nicht immer! Eine viel Geduld und Konsequenz und Zeit und Nerven erfordernde Erziehung kann eben nicht durch einen kurzen chirurgischen Eingriff ersetzt werden!

GESCHLECHTSBEZOGENE KRANKHEITEN
Abgesehen von Krankheiten, die mehr oder weniger direkt die Geschlechtsorgane betreffen, gibt es Krankheiten, die bei Rüden gehäuft auftreten.

ADENOM HEPATOIDER DRÜSEN
Hunde haben vor allem am Po und in einer bestimmten Rutenregion (das sogenannte Kaudalorgan im oberen Drittel) die sogenannten Perianal- oder Zirkumanaldrüsen. Wegen ihres histologischen Aussehens nennt man sie auch hepatoide Drüsen. Dieses Gewebe entartet bei intakten Rüden relativ häufig tumorös. Hündinnen sind äußerst selten betroffen. Meistens handelt es sich um gutartige Adenome. Bösartiger Krebs kommt gelegentlich vor. Männliche Geschlechtshormone fördern diese Tumorbildung; Ho-dentumoren erhöhen das Risiko. Betroffene Rüden sollen immer kastriert werden. Bei Hovawarten habe ich diese Tumoren nur sehr, sehr selten gesehen.

PERINEALHERNIE
Vor allem bei älteren Rüden, sehr selten bei älteren Hündinnen, treten gelegentlich krankhafte Aussackungen des Rektums auf. Der Enddarm bildet rechts und/oder links vom After einer Art Tasche, in der sich der Kot sammelt, statt ausgeschieden zu werden. Dadurch verdickt sich der Dammbereich. Betroffene Hunde setzen sich ungern hin, sind unlustig, belecken eventuell After und Dammregion vermehrt. Sie riechen äußerst unangenehm. Kotabsatz ist erkrankten Hunden nur unter Schwierigkeiten oder gar nicht möglich. Dieses Krankheitsbild wird durch männliche Geschlechtshormone gefördert. Es kann nur durch eine Operation behandelt werden. Dabei wird immer auch kastriert, um ein Rezidiv zu verhindern. Zum Glück kommt diese Krankheit eher selten vor, bei Hündinnen extrem selten.

KNOCHENKREBS
Vor allem große Hunderassen sind von Knochenkrebs bedroht. In vielen Studien scheinen Rüden häufiger zu erkranken als Hündinnen. Rassen über 20kg Körpergewicht haben ein vielfach höheres Risiko als große und Riesenrassen. Bei Deutschen Doggen beispielsweise gehört das Osteosarkom zu den häufigsten Krebsarten (je nach Farbvariante bis zu 25%). Knochenkrebs kommt familiär gehäuft vor. Das legt eine erbliche Komponente nahe. Eine Frühkastration scheint das Risiko zu erhöhen.

MAGENDREHUNG
Grundsätzlich können Magendrehungen bei allen Hunden und bei beiden Geschlechtern auftreten. Der Statistik nach sind es aber vor allem ältere Rüden großer Rassen, die so eine lebensbedrohliche Torsio ventriculi entwickeln. Ohne schnellstmögliche Operation stirbt der Patient.

Sollte auch Ihr Hund aufgrund einer Magendrehung in Behandlung oder verstorben sein, melden Sie die Erkrankung bitte. Schreiben Sie eine E-Mail an: gro.t1733843811rawav1733843811oh@nn1733843811ameit1733843811.nits1733843811rek1733843811, melden Sie sich telefonisch unter: 0160 977 173 30 oder nutzen Sie dieses spezielle Formular.
Bitte melden Sie auch andere Erkrankungen und Todesfälle. Sie helfen damit unseren Züchtern und leisten einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit unserer Rasse.


Lesen Sie zu diesem Thema auch Männersachen Teil 2

Beitrag eingestellt durch presse.olnds

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