Das große Kratzen

Fuchsräude ist eine oft übersehene Erkrankung


TEXT Dr. Heike Trombach, Rita Breves FOTOS Rita Breves

Ganz plötzlich fing es an, das große Kratzen.

Anfangs war es dezent, dann wurde es immer stärker. Es dauerte nicht lange, und der Hund kratzte und schubberte sich, bis er blutete. Die Haare fielen aus, auf der Haut bildeten sich Krusten. Ein Tierarzt untersuchte den Hund, entnahm Haut- und Blutproben: Es war nichts zu finden. Der Hund wurde mit Bädern und einem juckreizstillenden Mittel behandelt. Auch Antibiotika mussten verschrieben werden, da mittlerweile eine schwere bakterielle Infektion der Haut vorlag.
Unter der Behandlung besserte sich der Zustand des Hundes nur kurzzeitig. Das Kratzen blieb, dem Hund ging es immer schlechter. Er wollte nicht mehr fressen, er nahm ab und lag apathisch auf seinem Platz. Spielen und Gassi gehen wurden zu Fremdwörtern.
In der Zwischenzeit zeigte auch der Zweithund Juckreiz und begann sich zu kratzen. Sogar der Besitzer entdeckte seltsame, juckende Stellen am Körper. Eine weitere Tierärztin wurde hinzugezogen. Die hatte es nun leicht, denn das klinische Bild und der Verlauf der Erkrankung waren mittlerweile so deutlich, dass sofort die Verdachtsdiagnose „Fuchsräude“ gestellt werden konnte.

Wie kommt die Räude an den Hund?

Foto: www.researchgate.net

Die Fuchsräude wird durch Sarcoptesmilben verursacht. Diese Grabmilbe bohrt Gänge unter der Haut, um dort ihre Eier abzulegen. Und das juckt natürlich enorm (Abb. links).
Sarcoptesmilben werden durch Direktkontakt und über Lagerstätten übertragen. Der Hund muss demnach entweder Kontakt zu einem befallenen Tier gehabt haben. Oder aber er hat sich z.B. an einer Stelle gewälzt, an der sich vorher ein befallenes Tier aufgehalten hat. Wie es der Name Fuchsräude schon vermuten lässt, sind Füchse und Hunde die Hauptträger. Aber auch Kaninchen und Hasen können befallen sein und unsere Hunde infizieren.
Menschen können ebenfalls befallen werden: Sie gelten jedoch als Fehlwirt, sodass die Milben in unserer Haut auch ohne Behandlung nach kurzer Zeit absterben.
Unbehandelt kann eine Fuchsräude durchaus zum Tod führen. Das betroffene (Wild-)Tier ist nur noch mit Jucken und Kratzen beschäftigt, es wird immer apathischer, es frisst nicht mehr, die schweren Hautinfektionen tun ein Übriges. Soweit soll es bei unseren Hunden natürlich nicht kommen. Was also sollte ein Hundehalter über die Fuchsräude wissen?

Wie wird eine Fuchsräude diagnostiziert?

Neben dem hochgradigen Juckreiz ist das ist das Verteilungsmuster der Hautveränderungen ganz typisch für einen Sarcoptesmilben-Befall. Vor allem die Außenseiten der Beine, die Gelenksvorsprünge, die Ohrränder und das Gesicht sind betroffen. Man kann bei befallenen Tieren ein Mitkratzen mit der Hinterpfote auslösen, indem man den Ohrrand des gleichseitigen Ohres zwischen den Fingern reibt. Das allein ist zwar noch nicht beweisend, aber sehr verdächtig für eine Infektion mit Sarcoptesmilben.

Zwischen dem Zeitpunkt der Infektion bis zum Entstehen hochgradigen Juckreizes können mehrere Wochen liegen, da der Entwicklungszyklus der Milben vom Ei bis zur geschlechtsreifen Milbe 3-5 Wochen benötigt. Im Nachhinein lässt sich bei unserem Hovawart folgender Ablauf konstruieren: Der betroffene Hund hatte sich ein paar Milben eingefangen, und diese richteten sich häuslich ein: Sie gruben Bohrlöcher in die Haut und legten dort ihre Eier ab. Das juckte. Als aus diesen nach ein paar Tagen Nymphen (die Vorstufen erwachsener Grabmilben) schlüpften, wurde der Juckreiz schlimmer. Innerhalb weniger Wochen reiften die Nymphen zu geschlechtsreifen Milben heran und legten weitere Eier. Und der Juckreiz wurde daraufhin noch heftiger. Dieser Verlauf erklärt auch, weshalb der Hundepartner anfangs keine Symptome zeigte.

Welche diagnostischen Möglichkeiten bestehen?

Der Tierarzt/die Tierärztin wird versuchen, mittels eines oberflächlichen Hautgeschabsels Milben oder Eier nachzuweisen. Hierfür werden mit einem Skalpell die oberen Hautschichten abgeschabt und anschließend unter einem Mikroskop angeschaut. Dies ist nicht schmerzhaft, allerdings auch häufig nicht von Erfolg gekrönt. Werden weder ein Ei noch eine Milbe gefunden, so schließt dies einen Befall mit Sarcoptesmilben nicht aus. Sarcoptesmilben sind flott! Sie flüchten rasch tiefer in ihre Gänge. Dagegen reicht eine einzige Milbe oder ein einziges Ei, um die Diagnose zu bestätigen.

Eine weitere Möglichkeit, eine Infektion mit Sarcoptesmilben nachzuweisen, ist mittels eines Antikörper-Bluttests. Allerdings lassen sich Antikörper erst ab einem bestimmten Infektionszeitpunkt nachweisen, i.d.R. wird der Antikörper-Test 2-4 Wochen nach einer Infektion positiv. Untersucht man zu früh, sind noch keine Antikörper vorhanden, und das Ergebnis ist trotz Befall negativ. Bei Hunden, welche eine Allergie auf Hausstaubmilben oder Futtermilben haben, kann das Ergebnis des Bluttests dagegen positiv ausfallen, obwohl gar keine Sarcoptesmilben vorhanden sind.

Es macht also Sinn, einen Hund mit entsprechenden Symptomen sicherheitshalber mit einem Milben abtötenden Mittel zu behandeln, selbst wenn die Diagnose noch nicht gesichert ist.

Wie wird behandelt?

Die Therapie beinhaltet in erster Linie akarizide Mittel, also Mittel, welche Milben abtöten. Diese werden über mindestens zwei Monate verabreicht. Die ausreichend lange Behandlungsdauer ist wichtig, um den Entwicklungszyklus der Milben zu durchbrechen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Substanzen zu verabreichen, u.a. in Tablettenform, als Spot on oder über Injektionen. Die Umgebung des Hundes, Decken, Bürsten und Spielzeug müssen gereinigt und mit einem Milben abtötenden Mittel behandelt werden.
Bei Behandlung der Räude werden zusätzlich Medikamente eingesetzt, welche den Juckreiz stoppen und dem Hund das Leben weniger schwer machen. Das funktioniert sehr gut .In seltenen Fällen kann vorübergehend ein Halskragen notwendig werden. Alle Hunde, welche mit dem erkrankten Hund Kontakt hatten, müssen prophylaktisch behandelt werden.
Nachdem klar war, womit der Hund zu kämpfen hatte, wurde gezielt mit Akariziden über drei Monate behandelt. Er wurde zusätzlich weiterhin mit Bädern und Antibiotika behandelt, um die Sekundärinfektionen durch Bakterien in den Griff zu bekommen. Inzwischen geht es dem Hund wieder gut. Drei Monate später ist der Juckreiz verschwunden und wächst das Fell nach, der Hund ist lustig und wieder der Alte.

Fazit: Es empfiehlt sich, Hunde, die sich viel in der Natur, in Wäldern und auf Wiesen aufhalten, bereits vor einem Befall mit einem geeigneten Antiparasitikum zu schützen. Das gilt vor allem v.a. in Gegenden, in denen die Fuchsräude vorkommt. Etliche Zecken-, Flohmittel schützen auch vor Sarcoptesmilben, aber nicht alle. Am besten fragt ihr eure behandelnde Tierärztin / Euren behandelnden Tierarzt.

Passt gut auf euch auf!

Dr. Heike Trombach lebt mit den Hovawarten So-Sue ex Mercator und Ebby von Armonia.
Sie hat bis 1993 Veterinärmedizin in München studiert, sich nach dem Studium auf
Fortpflanzungsmedizin spezialisiert und bis 2003 die Abteilung für Kleintiere in der Klinik
für Gynäkologie und Andrologie der Universität München geleitet.
Seit 2005 führt sie eine Fachtierarztpraxis in Germering bei München.


Erfahrungsbericht

Cismo vom Windelbrunnen, ehemals Deckrüde im Hovawart Club lebt zusammen mit seiner Mutter Hannah von den Torwitzer Tannen bei Rita Breves. Sie erinnert sich an schwierige Monate:
„Da die Fuchsräude hier im Weserbergland so selten ist, hatte niemand sie auf dem Schirm. Angesteckt hat sich Cismo in der Feldmark beim Spaziergang. Er hatte Anfang März ein Spot on wegen der Zecken bekommen. Hannah hatte weder Spot on noch Tabletten bekommen. Sie ist inzwischen stolze 14,3 Jahre alt, und ich hatte aufgrund ihres hohen Alters noch gezögert.
Kurz danach muss Cismo sich dann angesteckt haben. Gegen Ende März bemerkten wir die ersten Symptome wie das Belecken und Beißen in die Vorderbeine. Es waren aber noch keine Hautveränderungen sichtbar. Trotzdem gingen wir zum Tierarzt.

Cismo heute. Noch ein bisschen zerrupft,
aber wieder gesund und munter.

Cismo hatte bis zum Erkennen der Fuchsräude eine wochenlange Leidenszeit. Wie wir heute wissen, wurden bei Cismo nur die zu dem Zeitpunkt schon gravierenden Symptome einer aufgepropften bakteriellen Infektion behandelt. Wir mussten ihm Tag und Nacht einen Maulkorb aufsetzen, um ihn vor Selbstverstümmelung zu bewahren. Es war einfach die Hölle.
Am Pfingstmontag wendete ich mich verzweifelt Hilfe suchend an eine weitere Tierärztin. Es war kurz vor knapp, ein paar Tage später, und er wäre gestorben.
Bei Hannah brach die Fuchsräude erst sechs Wochen später aus und wurde nicht so schlimm wie bei Cismo. Herrchen wurde auch befallen, und die Milben fühlten sich bei ihm recht lange sehr wohl. Mich wollten die zum Glück nicht.

Am Tag nach Pfingsten begann dann die Behandlung von Cismo und Hannah. mit wöchentlichen Spritzen. Auch ein gesunder Zweithund muss übrigens mitbehandelt werden. Nach sechs Wochen Spritzenbehandlung, täglichem Reinigen der Liegeplätze und Staubsaugen im ganzen Haus haben wir noch zusätzlich einen Fogger eingesetzt. Seit Ende August bekommen beide Hunde nun Tabletten.“


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Beitrag eingestellt durch presse.olnds

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