Igitt! Augenwürmer beim Hund

Winzige Fruchtfliegen als Überträger

Dass Hunde und andere Tiere Würmer haben können, ist für halbwegs informierte Tierliebhaber nichts Neues. Alle RZV-Züchter entwurmen ihre Welpen vor der Abgabe an die neuen Besitzer mehrmals. Meist denkt man bei Würmern an unappetitliche, im Dunkeln des Verdauungstraktes lebende Schmarotzer. Vielleicht hat man sogar mal ein Bandwurmglied am After oder sich kringelnde Spulwürmer im Kot seines Lieblings gesehen. Von Lungen- und Herzwürmern haben wenige Hundebesitzer jemals etwas gehört. Dass es aber sogar Nasen- und Augenwürmer gibt, wissen die Allerwenigsten. (Jetzt wissen Sie’s!)


TEXT Dr. Claudia Veit

Der VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen) hat in einer Pressemitteilung über den Orientalischen Augenwurm informiert. Deshalb greifen wir das Thema hier auf. Die winzigen Fruchtfliegen werden allgemein für lästig, aber harmlos gehalten. Davon können allerdings mehrere Arten (beim Hund vor allem Phortica variegata) den Orientalischen Augenwurm (Thelazia callipaeda) übertragen. Dieser Parasit gehört zu den Nematoden (Fadenwürmern). Dementsprechend sieht er aus: wie ein kleines, durchsichtig bis weißliches Fädchen von maximal 20 mm Länge. Thelazia ist ein Zoonoseerreger. Das bedeutet, dass auch wir Menschen uns damit anstecken können.

Zu den Wirten dieser parasitischen Augenwürmer gehören neben Hund und Mensch auch Wolf, Fuchs, Katze, Marder, Pferd, Rind, Reh, Wildschwein, Hase und Kaninchen. Die verschiedenen Thelazia-Arten bevorzugen unterschiedliche Wirtstiere. Wenn infizierte Fruchtfliegen Augensekret saugen, können sie dabei Larven des Augenwurms übertragen. (Übrigens sind es vor allem die Fruchtfliegen-Männchen, die sich mehr für Tränensekrete als für Obst interessieren, während bei Stechmücken ja die Weibchen die blutsaugenden Malariaüberträgerinnen sind.) Die sich innerhalb der drei- bis sechswöchigen Inkubationszeit entwickelnden Würmer leben vor allem im Bindehautsack und dem umgebenden Gewebe, hinter dem dritten Augenlid (Nickhaut), in den Tränenkanälen und in den Ausführungsgängen der Tränendrüsen. Sie können mehrere Jahre alt werden.
Fälle von Thelaziose kommen vor allem in der warmen Jahreszeit vor. Schließlich ist von Frühjahr bis Herbst die Hauptaktivitätszeit der Fruchtfliegen. Erkrankte Patienten leiden unter ein- oder beidseitigem Augenausfluß, Lichtempfindlichkeit, „Zukneifen“ des Auges, vermehrtem Reiben am Auge (wegen des Fremdkörpergefühls), Rötungen und Entzündungen von Bindehaut und Hornhaut, Schwellungen der Bindehaut und der Augenlider, Hornhauttrübungen und Hornhautgeschwüren. Begleitende eitrige Entzündungen sind durch Bakterien möglich.
Ein stärkerer Befall mit Augenwürmern ist für den Tierarzt bzw. die Tierärztin relativ leicht zu erkennen, wenn er bzw. sie die Rückseite der Nickhaut untersucht. Das geht üblicherweise ohne Narkose mit lokal betäubenden Augentropfen. Hinter dem dritten Augenlid sind die bis zu 2cm langen fadenförmigen, durchsichtig bis weißlichen Würmer dann zu sehen. Als „lichtscheues Gesindel“ flüchten sie vor der Helligkeit der Untersuchungslampe. Bei schwächerem Befall untersucht man Spülproben von Bindehautsack und Tränenkanal. Darin können die Würmer unter dem Mikroskop oder mittels PCR im Labor nachgewiesen werden.
Zur Behandlung entfernt man die Würmer mechanisch und spült die Augen bzw. Bindehäute. Wenn der Hund halbwegs kooperativ ist, funktioniert das ohne Vollnarkose unter örtlicher Betäubung durch Augentropfen mit einem Lokalanästhetikum. Außerdem gibt man erkrankten Hunden bestimmte Antiparasitenmittel als Tablette oder SpotOn. Diese Mittel müssen wiederholt angewendet werden.
Wer jetzt meint, dass ihn orientalische Parasiten nichts angehen, der irrt. Tatsächlich stammt der Name „Orientalischer Augenwurm“ zwar daher, dass diese Fadenwürmer ursprünglich aus dem Nahen und Fernen Osten bekannt waren. Seit 1989 werden sie nicht mehr nur in Asien, sondern auch in Europa nachgewiesen. Mittlerweile kommen Patienten mit Thelazia-Befall außer in der Türkei, Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, der Slowakei, Serbien, Bosnien, Herzegowina, Kroatien, Portugal, Spanien, Italien und Frankreich auch in der Schweiz, Österreich und Deutschland vor. Sogar in Großbritannien, Dänemark und Südschweden wurden schon Fälle bekannt.
Nicht zu verwechseln ist der Orientalische Augenwurm mit dem von Bremsen (Stechfliegen) übertragenen Afrikanischen Augenwurm, der tatsächlich innerhalb des Augapfels lebt, oder der von Kriebelmücken verbreiteten, filarienbedingten Flußblindheit (Onchozerkose), die in Afrika zahlreiche Menschen erblinden lässt. Auch der von Mücken übertragene, in Europa vorkommende Hautwurm Dirofilaria repens (ein Verwandter des Herzwurms Dirofilaria immitis) kann sich im Augapfel ansiedeln.
Und da oben der Nasenwurm angesprochen wurde: durch Schlachtabfälle, rohes Fleisch und Aas können Arthropoden (Gliedertiere) der Art Linguatula serrata übertragen werden. Wegen ihrer Form nennt man sie auch Zungenwürmer. Diese Parasiten sehen aus wie (etwas deformierte) Würmer, sind zoologisch aber mit Insekten, Spinnen, Krebstieren und Tausendfüßern verwandt. Sie kommen vor allem in Süd- und Südosteuropa vor, aber auch aus den Niederlanden und Skandinavien wurden Fälle berichtet. Nasenwürmer rufen die Krankheit Pentastomiasis mit Reizungen, Verletzungen und Entzündungen der Atemwege hervor. Die bis zu 20 mm langen Schmarotzer leben in den Atemwegen ihrer Wirte, vor allem in der Nase und im Rachen, aber auch in den Nasennebenhöhlen und der Stirnhöhle. Linguatula serrata lebt in den Wirten Hund, Wolf, Katze, Fuchs und Mensch, andere Tierarten haben andere Nasenwürmer. Wie Thelazia sind Zungenwürmer ebenfalls Zoonoseerreger. Beim Menschen können neben den Atemwegen auch innere Organe und sogar die Augen befallen werden – da schließt sich der Kreis zum Augenwurm.
Faszinierend, was Parasiten sich so alles einfallen lassen! Wenn sie nur nicht so eklig wären.


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